Die NNP schrieb am 12. 01. 2009:Die Wiederentdeckung des Schönen
von Johannes Laubach
Limburg.
Jahrelang ist um das alte Gebäude gefeilscht worden. Herberge für die
Kreismusikschule sollte das ehemalige Gymnasium am Fuße des Schafsberg werden.
Die Zeiten sind vorbei. Die Kreismusikschule fühlt sie in ihrem eigenen Zuhause
in den Klostergärten überaus wohl. Doch auch in der alten Schule zieht die
Zukunft ein, davon künden Gerüste an der Außenfassade und Fahrzeuge von
Handwerkern, die dort beschäftigt sind. Rund 2,8 Millionen Euro investiert der
Kreis in die Sanierung des Gebäudes, das unter Denkmalschutz steht und neben dem
Rathaus der Stadt der größte und bedeutendste Bau des späten Historismus in
Limburg ist.
Die Arbeiten in dem Gebäude sind eine Art Wiederentdeckung.
Die Wiederentdeckung einer architektonischen Stimmigkeit, der handwerklichen
Kunst, einer Vielfalt an kleinen Details und Überraschungen. Architekt Axel
Schmitt, vom Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft des Kreises mit der Leitung der
Sanierung beauftragt, ist begeistert von dem, was nach vielen Jahren wieder
auftaucht. Ob es die Kapitelle aus Sandstein im ersten Stock sind, die alten
Steinfliesen auf dem Boden, die natürlich noch in Speis gelegt wurden und aus
Ransbach-Baumbach stammen, ob es die Zierbeschläge an den Türen sind oder die
Wandgestaltung. All das war über Jahrzehnte verborgen. Zugeklebt und
überstrichen. Unsichtbar für die, die täglich daran vorbei gingen.
Viele Sünden an dem Gebäude
Architektonische Grausamkeiten in großer Vielzahl.
Ergänzungen sind jederzeit möglich. Kabelkanäle, die einfach irgendwie an den
Wänden entlang führen, schamlos ergänzte historische Treppengeländer, die
irgendwelchen Vorschriften und manchmal auch Notwendigkeiten gehorchend mit
einem Geländerlauf aus Stahl ergänzt wurden.
Es gibt noch andere Sünden, viel größere. Zum Beispiel den
Toilettentrakt auf der Seite zum Schafsberg. «Wunderbar» zwischen das
Haupttreppenhaus und den Südflügel gebaut. Dann ist da noch der Betonstelzenbau
in direkter Nähe. Architektonisch eine Todsünde, allerdings aus schulischen
Erwägungen zur Zeit seines Baus 1968/69 eine absolute Notwendigkeit. Für den
Unterricht wurden Räume benötigt, und davon stellt der Stelzenbau auch einige
zur Verfügung.
Doch zurück in das alte Gebäude. Dort zeigt sich im
Obergeschoss des Nordflügels ein wahres Juwel. Es ist die Aula des alten
Gymnasiums. 225 Quadratmeter groß erstreckt sie sich über den kompletten Flügel.
Das muss damals, 1905/1906, der größte Raum in der Stadt gewesen sein, von den
Kirchen einmal abgesehen. Zu sehen war von der Aula rund 40 Jahre nichts.
Schüler, die noch in der alten Tilemannschule ihr Abi machten, können sich
vielleicht noch an sie erinnern. An die Gestaltung der Decke, an die Wände und
die hohen Fenster. Vieles von dem war verborgen. In den 60er Jahren, 1962 zog
das Gymnasium auf den Schafsberg um, und das Gebäude wurde für neue schulische
Nutzungen umgebaut. Die Aula hat ihr Aussehen entscheidend verändert. Drei
Klassenräume waren in ihr untergebracht, unterteilt durch leichte Wände. Von der
Decke der Aula war nichts zu sehen. Eine neue war eingezogen worden, die auch
die Empore verdeckte. Die Zeit des Versteckens ist vorbei, für die alte Aula
bricht eine neue Zeit an. Wie Axel Schmitt sagt, wird die Aula ihr
ursprüngliches Aussehen wieder erhalten.
Die Aula des alten Gymnasiums von der Empore aus
gesehen.
Das wird vom Landesamt für Denkmalpflege unterstützt, und
selbstverständlich ist auch Markus Saal als Denkmalpfleger der Stadt in das
eingebunden, was sich in der alten Schule tut. Der repräsentative Raum soll in
Zukunft auch für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stehen. In der Regel
wird er jedoch wieder von Schülern genutzt werden, die dort ihr Mittagessen
einnehmen, um anschließend noch weiter in der benachbarten Theodor-Heuss-Schule
zu bleiben.
Aufzug und Büroflächen
Die Arbeiten, Auftraggeber ist der Eigenbetrieb
Gebäudewirtschaft des Kreises, sollen zum Teil bis Mitte des Jahres
abgeschlossen sein. Das gilt für die Sanierung der Schulräume, die in Zukunft
von der Heuss-Schule genutzt werden. Bis die alte Aula und die Verwaltungsräume
in dem Komplex genutzt werden können, wird es allerdings etwas länger dauern.
Ende des Jahres gilt als Ziel.
Die Heuss-Schule, die schon seit vielen Jahren eng mit dem
alten Gymnasium beziehungsweise der ehemaligen PPC-Schule verwoben und verbunden
ist, wird künftig rund 1300 Quadratmeter in dem alten Gebäude und im Stelzenbau
nutzen. Die Klassenräume werden sich auf verschiedene Etagen erstrecken, auch
das Kellergeschoss wird mit einbezogen. Was nicht von der Heuss-Schule genutzt
wird, soll für Büros zur Verfügung stehen – rund 540 Quadratmeter verteilt auf
drei Etagen.
Die Arbeiten gelten jedoch nicht nur der Wiedenentdeckung des
Alten, sondern auch der Modernisierung. Das Gebäude erhält also nicht nur
zeitgemäße Elektro- und Datenleitungen, sondern auch neue Nasszellen für die
Büros und die Heuss-Schule (im Stelzenbau) sowie einen Aufzug, der alle
Geschosse miteinander verbindet und somit einen behindertengerechten Zugang
ermöglicht.
Es gibt noch viel zu tun, bis alles so weit ist. Es hat sich
aber schon viel getan. Vor allem ist das Dach wieder dicht. Auswirkungen der
beschädigten alten Eindeckung haben auch (noch) sichtbare Spuren an der Decke
der Aula hinterlassen.