Limburg. Jahrelang ist um das
alte Gebäude gefeilscht worden. Herberge für die Kreismusikschule sollte das
ehemalige Gymnasium am Fuße des Schafsberg werden. Die Zeiten sind vorbei.
Die Kreismusikschule fühlt sie in ihrem eigenen Zuhause in den Klostergärten
überaus wohl. Doch auch in der alten Schule zieht die Zukunft ein, davon
künden Gerüste an der Außenfassade und Fahrzeuge von Handwerkern, die dort
beschäftigt sind. Rund 2,8 Millionen Euro investiert der Kreis in die
Sanierung des Gebäudes, das unter Denkmalschutz steht und neben dem Rathaus
der Stadt der größte und bedeutendste Bau des späten Historismus in Limburg
ist.
Die Arbeiten in dem Gebäude sind
eine Art Wiederentdeckung. Die Wiederentdeckung einer architektonischen
Stimmigkeit, der handwerklichen Kunst, einer Vielfalt an kleinen Details und
Überraschungen. Architekt Axel Schmitt, vom Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft
des Kreises mit der Leitung der Sanierung beauftragt, ist begeistert von
dem, was nach vielen Jahren wieder auftaucht. Ob es die Kapitelle aus
Sandstein im ersten Stock sind, die alten Steinfliesen auf dem Boden, die
natürlich noch in Speis gelegt wurden und aus Ransbach-Baumbach stammen, ob
es die Zierbeschläge an den Türen sind oder die Wandgestaltung. All das war
über Jahrzehnte verborgen. Zugeklebt und überstrichen. Unsichtbar für die,
die täglich daran vorbei gingen.
Viele Sünden an dem Gebäude
Architektonische Grausamkeiten in
großer Vielzahl. Ergänzungen sind jederzeit möglich. Kabelkanäle, die
einfach irgendwie an den Wänden entlang führen, schamlos ergänzte
historische Treppengeländer, die irgendwelchen Vorschriften und manchmal
auch Notwendigkeiten gehorchend mit einem Geländerlauf aus Stahl ergänzt
wurden.
Es gibt noch andere Sünden, viel
größere. Zum Beispiel den Toilettentrakt auf der Seite zum Schafsberg.
«Wunderbar» zwischen das Haupttreppenhaus und den Südflügel gebaut. Dann ist
da noch der Betonstelzenbau in direkter Nähe. Architektonisch eine Todsünde,
allerdings aus schulischen Erwägungen zur Zeit seines Baus 1968/69 eine
absolute Notwendigkeit. Für den Unterricht wurden Räume benötigt, und davon
stellt der Stelzenbau auch einige zur Verfügung.
Doch zurück in das alte Gebäude.
Dort zeigt sich im Obergeschoss des Nordflügels ein wahres Juwel. Es ist die
Aula des alten Gymnasiums. 225 Quadratmeter groß erstreckt sie sich über den
kompletten Flügel. Das muss damals, 1905/1906, der größte Raum in der Stadt
gewesen sein, von den Kirchen einmal abgesehen. Zu sehen war von der Aula
rund 40 Jahre nichts. Schüler, die noch in der alten Tilemannschule ihr Abi
machten, können sich vielleicht noch an sie erinnern. An die Gestaltung der
Decke, an die Wände und die hohen Fenster. Vieles von dem war verborgen.
In den 60er Jahren, 1962 zog das
Gymnasium auf den Schafsberg um, und das Gebäude wurde für neue schulische
Nutzungen umgebaut. Die Aula hat ihr Aussehen entscheidend verändert. Drei
Klassenräume waren in ihr untergebracht, unterteilt durch leichte Wände. Von
der Decke der Aula war nichts zu sehen. Eine neue war eingezogen worden, die
auch die Empore verdeckte. Die Zeit des Versteckens ist vorbei, für die alte
Aula bricht eine neue Zeit an. Wie Axel Schmitt sagt, wird die Aula ihr
ursprüngliches Aussehen wieder erhalten.
Die Aula des alten Gymnasiums
von der Empore aus gesehen.
Das wird vom Landesamt für Denkmalpflege unterstützt, und selbstverständlich
ist auch Markus Saal als Denkmalpfleger der Stadt in das eingebunden, was
sich in der alten Schule tut. Der repräsentative Raum soll in Zukunft auch
für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stehen. In der Regel wird er
jedoch wieder von Schülern genutzt werden, die dort ihr Mittagessen
einnehmen, um anschließend noch weiter in der benachbarten
Theodor-Heuss-Schule zu bleiben.
Aufzug und Büroflächen
Die Arbeiten, Auftraggeber ist der Eigenbetrieb
Gebäudewirtschaft des Kreises, sollen zum Teil bis Mitte des Jahres
abgeschlossen sein. Das gilt für die Sanierung der Schulräume, die in
Zukunft von der Heuss-Schule genutzt werden. Bis die alte Aula und die
Verwaltungsräume in dem Komplex genutzt werden können, wird es allerdings
etwas länger dauern. Ende des Jahres gilt als Ziel.
Die Heuss-Schule, die schon seit vielen Jahren eng mit
dem alten Gymnasium beziehungsweise der ehemaligen PPC-Schule verwoben und
verbunden ist, wird künftig rund 1300 Quadratmeter in dem alten Gebäude und
im Stelzenbau nutzen. Die Klassenräume werden sich auf verschiedene Etagen
erstrecken, auch das Kellergeschoss wird mit einbezogen. Was nicht von der
Theodor-Heuss-Schule genutzt wird, soll für Büros zur Verfügung stehen –
rund 540 Quadratmeter verteilt auf drei Etagen.
Die Arbeiten gelten jedoch nicht nur der
Wiederentdeckung des Alten, sondern auch der Modernisierung. Das Gebäude
erhält also nicht nur zeitgemäße Elektro- und Datenleitungen, sondern auch
neue Nasszellen für die Büros und die Heuss-Schule (im Stelzenbau) sowie
einen Aufzug, der alle Geschosse miteinander verbindet und somit einen
behindertengerechten Zugang ermöglicht.
Es gibt noch viel zu tun, bis alles so weit ist. Es hat
sich aber schon viel getan. Vor allem ist das Dach wieder dicht.
Auswirkungen der beschädigten alten Eindeckung haben auch (noch) sichtbare
Spuren an der Decke der Aula hinterlassen.
© 2009 Nassauische Neue Presse